Nach der Begrüßung und Einführung durch
die Tagungsleiterin Dr. Gabriele Kötschau referierte Verwaltungsdirektor
Kurt Berlinger, Leiter des für die Zusammenarbeit mit ausländischen
Arbeitsverwaltungen zuständigen Referats, über die Tätigkeit
der Bundesanstalt für Arbeit in Osteuropa und in den GUS-Ländern.
Zunächst stellte Herr Berlinger fest, daß in den letzten Jahren
die Vorschriften für eine Arbeitserlaubnis in Deutschland in der
Tat immer restriktiver geworden seien. Der Kurs der Bundesregierung werde
begründet mit der hohen Arbeitslosigkeit hierzulande und der hohen
illegalen Zuwanderung aus den Staaten Osteuropas. Sodann ging er
auf die Tätigkeit der Arbeitsverwaltungen in den östlichen Ländern
ein:
- Auftrag der Bundesregierung sei die Förderung der Transformationsprozesse.
Dieser Aufgabe widmeten sich auch eine Reihe anderer Institutionen (u.
a. Weltbank, EU) mit eigenen Programmen.
- Partnerländer seien (neben Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien
und der Slowakei) die Russische Föderation, die Ukraine, die Republik
Belarus (Weißrußland) und die drei baltischen Staaten. Die
Partnerschaften mit Kasachstan, Albanien und der tschechischen Republik
seien aus unterschiedlichen Gründen ausgelaufen. Die Weltbank fördere
das Projekt Türkei.
- Am Beginn der Arbeit stehe jeweils eine Informationsphase. Zahlreiche
Gruppen aus verschiedenen Ländern seien nach Deutschland geholt
worden. Das veranstaltete Seminarprogramm müsse teilweise auch
als Seminar-Unwesen bezeichnet werden. Der Know-how-Transfer auf dieser
Ebene versickere immer wieder wegen starken Wechsels des Teilnehmerkreises
bzw. der zuständigen Personen.
In der Vertiefungsphase würden Fachkollegen
nach Deutschland geholt bzw. deutsche Fachleute in die betreffenden
Länder geschickt. Hierbei sei Voraussetzung, daß es in den
einzelnen Ländern bereits konkrete Partner gebe.
In der Umsetzungsphase gehe es um die Empfehlung
der Einrichtung von Modellarbeitsämtern in bestimmten Städten
und Regionen mit deutscher Unterstützung.
- Eingerichtet worden seien bisher acht Modellarbeitsämter, drei
davon in der Russischen Föderation (u. a. in Engels und Kaluga)
und je eines in der Ukraine (Kiew), Estland (Tallin), Litauen (Vilnius)
und in der Republik Belarus (Borisow) sowie im rumänischen Brasow.
Die Weltbank habe 33 Modellarbeitsämter errichtet, und auch die
EU beteilige sich an dem Programm
- Es gibt ein Handbuch mit der Aufgabenbeschreibung für die entsprechenden
Multiplikatoren.
Das Vorzeigeprojekt sei Kaluga, wo z. B. ein Stelleninformationsservice,
eine Berufsberatung und eine Stellenvermittlung vor Ort eingeführt
worden sei. Bei seiner Darstellung der Aufgaben dieser Arbeitsämter
(eigentliche Arbeitsvermittlung, berufliche Weiterbildung, Arbeitslosenversicherung)
ging Herr Berlinger besonders auf die Weiterbildung ein, die in Rußland
„noch nicht so gut gelungen” sei. Auf eine Umschulung folge
in der Regel sofort die Einweisung in den neuen Beruf. An „Bildung
auf Vorrat” werde noch nicht gedacht. Die früheren Weiterbildungsinstitutionen,
die oft an Großbetriebe und Kombinate gekoppelt waren, seien weggebrochen.
Ein besonderes Problem stelle die Erstausbildung in der Russischen Föderation
dar. Die deutschen Berater hätten sich in diesem Bereich auf Berufsberatung,
psychologische Testverfahren und Betreuung bei der Berufswahl und -vermittlung
beschränkt. In der Zwischenzeit seien durch das russische Erziehungsministerium
außerschulische Berufsausbildungsmöglichkeiten errichtet
worden.
- Was die Arbeitsvermittlung nach Deutschland angeht, so stellte Herr
Berlinger fest, daß die deutschen Stellen kaum qualifiziertes
Personal finden könnten. Es würden nur knapp 200 Leute im
Jahr für eine Zeitdauer von 12 bis 18 Monaten vermittelt werden
können. Voraussetzung sei eine abgeschlossene Berufsausbildung
und ein Höchstalter von 35 Jahren (in Ausnahmefällen 40).
Ernste Probleme ergäben sich durch die Sprachdefizite und die Tatsache,
daß die beruflichen Kenntnisse oft nicht ausreichend oder doch
andere seien als in Deutschland erwartet.
- Eine exakte Zusammenstellung vergleichbarer Berufe (und Berufsausbildungen)
in Deutschland und Rußland gebe es noch nicht, aber es gebe gute
Erkenntnisse, aufgrund derer bei Aussiedlern die Anerkennung von Berufen
durch die Regierungspräsidenten vorgenommen werden könne.
Die Bundesanstalt für Arbeit habe ein Glossar über vergleichbare
Begriffe erarbeitet, das eine wesentliche Voraussetzung für die
weitere Zusammenarbeit darstelle. Dieses Glossar hat das BDWO in der
Zwischenzeit für die Geschäftsstelle in Berlin erworben. Darüber
hinaus ist es für eine Schutzgebühr bei der Bundesanstalt
zu erhalten.
Die Diskussion führte zu folgenden Klärungen:
- Eine einfache Übernahme deutscher Rahmenlehrpläne funktioniere
aus den dargestellten Gründen nicht
- Die Quote für Werkvertragsarbeitnehmer sei in Deutschland von
ca. 100.000 auf zur Zeit 58.0000 gesenkt worden
- Sogenannte Berufshospitationen (hauptsächlich von Studenten)
seien in der Regel als Arbeitsverhältnisse zu werten und dementsprechend
zu behandeln. Das hänge von der Gestaltung der Verträge ab.
Praktikanten würden allein durch die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung
(ZAV, Frankfurt/Berlin) vermittelt. Da die Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis
bereits in Rußland durch die Deutsche Botschaft geprüft werde,
tauchten die Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Arbeitsverträge
schon im Vorfeld auf.
- Erörtert wurde auch die Frage, ob und unter welchen Bedingungen
der BDWO als Bundesverband eine Vereinbarung mit der Bundesarbeitsverwaltung
schließen könnte, um die Prozeduren für Praktikanten
der Mitglieder des BDWO zu erleichtern.
Dieter Galinski, Körber-Stiftung, stellte die Tätigkeit
seiner Stiftung vor. Bei etwa 650 Mio DM Kapital seien jährliche
Ausgaben in Höhe von rund 22 Mio möglich. Das Körber-Kolleg
engagiere sich seit 1989 in der Ausbildungsförderung von Ingenieuren
aus der ehemaligen Sowjetunion. Die Stiftung habe sich jedoch von Anfang
an die Leute selbst ausgesucht. Sie kläre die Aufenthaltsbewilligungen
und die Arbeitserlaubnis direkt mit der Deutschen Botschaft in Moskau
und mit der ZAV.
Schüler und Studenten könnten bis zu drei Monaten im Rahmen
eines internationalen Austauschs in Deutschland praktische Erfahrungen
sammeln.
Im Zusammenhang mit dem Studium sei dies bis zu 6 Monaten möglich,
und zwar arbeitserlaubnisfrei. Diese Aufenthalte würden von den studentischen
Organisationen organisiert , z. B. vom Deutschen Akademischer Austauschdienst:
Ansprechpartner: Wolfgang Trenn, Referatsleiter
DAAD, Kennedyallee 50, 53175 Bonn, Tel.: 0228/882-0; Fax: 0228/882-444
e-mail: Trenn@daad.de
Was die sogenannten „Gastarbeitnehmerabkommen” angeht, so
gebe es konkrete Ansprechpartner in den einzelnen Partnerstaaten, die
diese vermitteln. Insgesamt bestehe ein Kontingent von 10.250, von denen
- aus der russischen Föderation 2.000
- aus Estland und Lettland jeweils
100
- aus Litauen 200
zugelassen seien.
Dieses Abkommen werde jedoch nur zu einem Drittel ausgeschöpft.
Dies liege unter anderen in der begrenzten Einstellungsmöglichkeit
auf deutscher Seite.
Die Einstellung von Gastarbeitnehmern
- ist arbeitsmarktunabhängig
- setzt qualifizierte Arbeitnehmer voraus sowie
- eine abgeschlossene Berufsausbildung oder
- eine vergleichbare Qualifikation
- sprachliche Kommunikationsmöglichkeit
- die Aufenthaltsdauer für Gastarbeitnehmer beträgt
12 Monate und kann bis zu 18 Monaten ausgedehnt werden
- tarifliche Entlohnung
Die Vermittlung von Gastarbeitnehmern erfolgt über die Zentralstelle
für Arbeitsvermittlung (ZAV) in Frankfurt.
Daneben gebe es sogenannte „Werkvertragsarbeitnehmer”. Mit
insgesamt 12 Staaten habe Deutschland ein entsprechendes Abkommen geschlossen.
Zur Zeit seien in Deutschland 32.000 Werkarbeitnehmer beschäftigt,
davon 12.700 auf dem Bausektor.
Frau Kornelia Popp vom Verein „Handwerkerinnen und Handwerker am
Europäischen Haus e. V.” aus Jena berichtete über die Erfahrungen
ihres Vereins, dessen Arbeit über das Transformprogramm der Bundesregierung
gefördert wird. Die Gastarbeitnehmerinnen und -Arbeitnehmer kämen
als sogenannte „Regierungspraktikanten” nach Deutschland.
Die Vermittlung erfolge über die ZAV, in Zusammenarbeit mit der entsprechenden
Behörde im Herkunftsland. Die Arbeitsdauer betrage 3 bis 18 Monate;
seit dem 01.01.1997 üblicherweise 3 bis 6 Monate zuzüglich eines
vorgeschalteten einmonatigen Sprachkurses in Jena. |