Nachdem in der 6. Arbeitstagung deutlich
geworden war, dass eine Sprachausbildung allein heute kaum noch eine Garantie
für eine dauerhafte Beschäftigung ist, stand im Mittelpunkt
dieser Veranstaltung die Frage, welche fachlichen und sprachlichen Voraussetzungen
heute gute Berufschancen eröffnen.
Dr. Christoph Bertram, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik
(SWP), begrüßte die Anwesenden und stellte die SWP und ihre
Arbeit vor.
Internet-Adresse: www.swp-berlin.org
1. Dieter Klause, DIHT, diht@berlin.diht.de
Der DIHT beteiligt sich intensiv an der Umsetzung des Transformprogramm
der Bundesregierung.
Herr Klause wies zu Beginn auf den Tag der Auslandsschulen hin.
Stichwortartig die wichtigsten Ausführungen von Herrn Klause:
- Zusammenwachsen der Länder
- Vordringen der Kommunikationswissenschaften
- Internationalisierung der Märkte
Das führt zu folgenden Erfordernissen:
- Praxiserfahrung so früh wie möglich sammeln, auch schon im
Studium
- Entwicklung von Teamfähigkeit junger Menschen
- Belastbarkeit (Engagement über die Arbeitszeit hinaus, wenn es
der Kunde wünscht!)
- Erlernen von Fremdsprachen: die Wirtschaft gewöhnt sich daran,
daß eine erste oder zweite Sprache selbstverständlich gesprochen
wird. Aufmerksamkeit wird erst dann erregt, wenn eine dritte Sprache,
möglichst eine exotische, hinzukommt
- Spezialisierung: Ingenieure oder Kaufleute sind nur dann interessant
für die Wirtschaft, wenn ein Zusatzwissen vorhanden ist, z. B. Ingenieurwissenschaften
und Buchführung
2. Gerhard Müller, Landesarbeitsamt Berlin-Brandenburg,
Gerhard.Mueller4@arbeitsamt.de
Gerhard Müller wies in seinem Kurzvortrag auf folgende Punkte hin:
- 1,8 Mrd DM würden jährlich für die Fortbildung ausgegeben
- Bemühung um eine praxisnahe Ausbildung
- Teamgeist werde zunehmend gefordert
- Internationalität (inkl. Fremdsprachen), plus Kennen der kulturellen
Situation des Landes, um auf die Wünsche der Kunden eingehen zu können
Ferner werde von Führungskräften erwartet:
- Loyalität
- Mobilität
- Flexibilität
- Zielorientierung der Arbeitnehmer
3. Peter Umber, Zentrale Arbeitsvermittlungsstelle (ZAV),
Peter.Umber@arbeitsamt.de
Die ZAV führt Vermittlungen von Arbeitskräften von und nach
Deutschland durch.
- Die für viele berufliche Aufgaben geforderte Erfahrung sei nur
im Ausland zu machen
- Der Schwerpunkt der Arbeit der ZAV liege bei den Reformländern;
im SGB (Sozialgesetzbuch) ist verankert, wer einreisen darf, um eine Arbeit
aufzunehmen (Anwerbestop-Ausnahmeverordnung, Gastarbeitnehmerabkommen)
- Es gebe Regelungen für Fortbildungspraktika (junge Leute mit Berufsausbildung,
sei es eine schulische oder eine berufliche Ausbildung)
- Studenten könnten in den Ferien bis zu drei Monaten erlaubnisfrei
arbeiten; Kontingentierung: 10.000; das Kontingent werde gut ausgeschöpft
- Zusätzlich gebe es die Möglichkeit von Fachpraktika (studiennah
oder über die ZAV)
S- aisonarbeitnehmer (250.000 pro Jahr) seien vor allem im Gasstättengewerbe
und in der Landwirtschaft tätig
Für IT-Fachkräfte gebe es inzwischen Sonderregelungen:
Zur Zeit sei ein Boom deutscher Unternehmer erkennbar, die Fachpraktika
im IT-Bereich anbieten und gern Arbeitskräfte aus Osteuropa einladen,
die spätere Ansprechpartner für sie sein könnten.
Die ZAV vermittelt auch in diese Länder; vor allem Fachleute, die
den Transformationsprozess unterstützen können (integrierte
Fachleute). Zuständig: BMZ (Bundesministerium für Zusammenarbeit).
Die Umsetzung erfolge durch das Innenministerium in Zusammenarbeit mit
der ZAV und der GTZ )Gesellschaft für technische Zusammenarbeit),
vor allem im Wirtschafts- und Bankenbereich.
Für deutsche Studenten, die russisch sprechen, sei der Kooperationspartner
der Föderale Migrationsdienst.
Die jeweiligen Merkblätter können bei der ZAV – Internationale
Arbeitsvermittlung – angefordert werden: 53107 Bonn, Tel. 0228/713-1326,
Fax: 0228/713-1166 oder e-mail:
Bonn-ZAV.osteuropa@arbeitsamt.de
4. Dr. Sergej Nikitin, Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation,
ihk@russia.de
Dr. Nikitin wies auf eigene positive Erfahrungen mit Praktika in Deutschland
hin. Er sprach dem DIHT seinen Dank aus für die Möglichkeit
der Fortbildung junger Führungskräfte. Im einzelnen berichtete
er von folgender Situation und konkreten Maßnamen:
- Erfordernis der Umsetzung der Transformation
- Schwierigkeit in der Gesetzgebung in Russland: stündlich gebe es
Änderungen
- Die Kammer habe inzwischen gute Strukturen aufgebaut
- Es gebe eine gemeinsame Sprache über das Internet
- Möglichkeit der Ausbildung osteuropäischer Beschäftigter
bei den „Handwerkern im europäischen Haus”
- Inzwischen gebe es über 1.000 Niederlassungen deutscher Unternehmen
in Russland; sie brauchten und schulten Fachkräfte (Man brauche Fachleute
aus beiden Ländern)
- Die Mittelständler beginnen, neue Märkte zu erschließen
- eine minimale Sicherheit gebe es für das Business; Hinweis
auf das sehr hilfreiche Büro der Deutschen Wirtschaft in Moskau unter
Leitung von Frau Dr. Andrea von Knoop
- noch geringe Kaufkraft im Land
- Sprachlich gehe es nicht nur um „normale Übersetzungen”,
sondern um „kulturelles Dolmetschen” und „interkulturelle
Kompetenzen”
Sein Mitarbeiter, Herr Evgeny Shulika, HIK@russia.de
- wies auf die Möglichkeit für Studenten aus Deutschland hin,
ein Praktikum im Dachverband zu absolvieren
5. Prof. Dr. Ernst Apeltauer, Universität Flensburg,
apeltaue@uni-flensburg.de
- Angebot der interkulturellen Kommunikation an der Universität
Flensburg, mit Auslandssemester (im 3. Semester); BA-Abschluss, nach dem
9. Semester Diplom, nach dem 10. Semester MA
- 1997 erstmals mit EU-Mitteln aufgebaut
6. Prof. Dr. Alexander Trunk, Institut für osteuropäisches
Recht an der CAU Kiel, office-eastlaw@law.uni-kiel.de
- Zertifikate auf verschiedenen Feldern seien in Vorbereitung
- Defizite liegen vor allem in der nicht immer reibungslosen regionalen
Zusammenarbeit
7. Dr. Juri Silvestrow , Erster Botschaftssekretär, Presseattaché
an der Botschaft der Ukraine ukremb@t-online.de
- Gute Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Konrad-Adenauer-Stiftung
in der Ukraine, vor allem für Juristen und Politologen und im Bereich
der Programme für Journalisten. Auch die Hanns-Seidel-Stiftung arbeite
auf breiter Basis in der Ukraine
- Die meisten ukrainischen Studenten sprechen englisch; deutsch werde
vor allem im Goethe-Institut gelehrt, mit dem es eine gute Zusammenarbeit
gebe
- Im Frühjahr 2001 werde ein ein- bis dreimonatiges Praktikum angeboten
für Journalisten über die deutsch-ukrainische Hochschulbörse
- Herr Silvestrow bemängelte, dass es zwar viele ukrainische Studenten
in Deutschland gebe, aber wenig deutsche Studenten in die Ukraine kämen
- Die Studenten bekämen in der Ukraine eine gute fachliche Ausbildung,
zusätzlich Erfahrungen im praktischen Bereich
- Was die sprachliche Kompetenz angeht, so sei vor allem englisch gefordert
8. Attaché Gaya Mammedov, Botschaft der Aserbaidschanischen Republik
100526.1670@compuserve.com
Für Tätigkeit in der Wirtschaft sei in Aserbaidschan gefordert:
- Sprachliche Voraussetzungen: englisch, französisch oder deutsch
- Fachkunde im sachlichen Bereich
Die lateinische Schrift sei amtlich, jedoch werde kyrillisch in Veröffentlichungen
benutzt; Amtssprache: aserbaidschanisch.
9. Murad Haschajev, Botschaft von Turkmenistan
- Sprache: turkmenisch und türkisch seien verwandte Sprachen; lateinische
Buchstaben würden benutzt; Amtssprache: turkmenisch.
- Vor einigen Jahren habe es ein dreisprachiges Programm gegeben: turkmenisch,
englisch, russisch
- Wirtschaftszweige: vor allem Erdöl- und Gasförderung; Verarbeitung
von Agrarprodukten
- Hinweis auf eigene Mentalität und Kultur seines Volkes
10. Mavlon Javburiev, III. Sekretär Botschaft der Republik Usbekistan
mavlon@freenet.de
Herr Javburiev wies auf den hohen Ausbildungsstand in seinem Land hin:
- Es gebe 1600 Berufsschulen in Usbekistan
- englisch und deutsch würden als Fremdsprachen gelehrt; in jedem
Gebiet gebe es Deutsch-Unterricht
- Das Goethe-Institut und die Humboldt-Stiftung seien in Usbekistan tätig
- Ständige Weiterbildung der Mitarbeiter in Taschkent
11. Arsen Balayan, I. Sekretär, Botschaft der Republik Armenien
In Armenien gebe es zu viele Spezialisten und für diese zu wenig
qualifizierte Arbeitsplätze.
Voraussetzungen für eine gute Beschäftigung in seinem Land:
- Fremdsprachenkenntnisse
- Computerkenntnisse
- Auslandserfahrungen; Kenntnis von Sitten, Gebräuchen und Mentalität
anderer Länder
- In zu wenig Schulen werde deutsch gelernt (in Eriwan in zwei Schulen)
- Der DAAD sei sehr aktiv; auch in der Vorbereitung von Fachleuten
- An erster Stelle stehe das Fach; erwünscht sei, Fachmann auf
einem Gebiet zu sein
Anregung in der Diskussion: Abschluss von Verträgen mit IT-Kräften
(5.867 seien bereits abgeschlossen)
12. Dr. Steffen Mehlich, Alexander von Humboldt-Stiftung
Forschung und Förderung der Humboldt-Stiftung habe wenig Bezug zum
Thema, doch zum Länderkreis der Fachtagung. Er wies auf Schwierigkeiten
hin, Fachkräfte zu finden, vor allem im naturwissenschaftlichen Bereich.
Der Humboldt-Stiftung gehe es darum, Nachwuchswissenschaftler nach Deutschland
einzuladen.
500 – 600 Forschungsstipendien würden pro Jahr vergeben (á
70.000,00 DM).
Abschließend wies er die Frage auf, wo in Deutschland international
interessante Forschung betrieben werde.
13. Peter Umber, ZAV Peter.Umber@arbeitsamt.de
Erfordernis für Arbeitstätigkeit ausländischer Studenten
in Deutschland:
- Antrag anfordern; 2 Passbilder beifügen; Nachweis der deutschen
Sprache erforderlich
- Vermittlung erfolge durch die ZAV (18.000 Vermittlungen jährlich)
- mindestens Hilfsarbeiterentgelt müsse gezahlt werden
Fortbildung:
- höchstens 12 Monate
- ZAV prüft Fortbildungs-Charakter
- Vorlage eines Fortbildungsplanes, inkl. nachgewiesener Deutsch-Kenntnisse
- Dauer: bei nachgewiesenen Voraussetzungen: 1 Monat
In der anschließenden Diskussion wurden folgende Fragen vertieft:
Frage nach der „Lingua Franca” (Verkehrssprache eines größeren
mehrsprachigen Raumes):
Prof. Apeltauer: Medien und Internet spielten eine große Rolle bei
der Frage nach der „Lingua Franca”. Trotz allem werde
- englisch die Weltsprache Nummer 1 bleiben
- deutsch wegen der wirtschaftlichen Bedeutung weiterhin eine Rolle
spielen und sei vor allem im Kontext mit anderen Fremdsprachen wichtig
Einhellige Meinung: gute Sprachkenntnisse eröffneten schnell den
Weg in die Wirtschaft.
Es entspann sich eine Kontroverse über den Stellenwert der alten
Sprachen; latein und(alt-)griechisch wurde von einigen Teilnehmern als
gute Grundlage für andere Sprachen und Wissenschaften gewertet; andere
Teilnehmer hingegen wollten sie ersetzt wissen durch moderne Sprachen.
Stichworte, die in der „Wunschrunde” geäußert wurden:
- Gute Kooperation zwischen allen Beteiligten und Betroffenen
- Einhaltung des gesetzlichen Rahmens
- Rechtzeitige Beantragung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen
- Kollegialer Umgang miteinander
- Weiterentwicklung der Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
- Ausweitung des Gastarbeitnehmerabkommens auch auf Belarus, die Ukraine
und Moldawien
- Ermöglichung einer Anschlussbeschäftigung ausländischer
Fachkräfte nach einer Weiterbildung („Wir waren zur Weiterbildung,
und anschließend müssen wir gleich nach Haus”...)
- Erleichterung einer Anschlussausbildung in Deutschland nach dem Diplom
im – russischen – Heimatland
- Bitte, Deutschland möge nicht IT-Spezialisten nach Deutschland
holen, sondern vielmehr Aufträge in die Partnerländer vergeben
- Stärkere Förderung der Mehrsprachigkeit, z. B. durch Frühförderung
und veränderte Lehrerausbildung
- Ausbildung von „kulturellen Dolmetschern”
- Mehr finanzielle Mittel für die deutsche Sprache und Kultur (im
Ausland)
- Erleichterung der Zusammenarbeit in formellen Fragen
- Mehr Schüleraustausch praktizieren
- Bessere Internet-Präsentation mit Links zu Job-Börsen
- Zusammenarbeit im Bereich der Stadtentwicklung und der Stadterneuerungsprogramme
- Förderung seltener Sprachen
- Ausweitung des Netzes der Goethe-Institute
Thematische Anregungen für die nächsten Fachtagungen:
- Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik zwischen den USA und
Osteuropa
- Schwerpunktbehandlung einzelner Regionen (z. B. künftige Grenzländer
zur EU; Baltische Staaten; Transkaukasus)
- Annäherung des Militärs
Dr. Gabriele Kötschau, MdL
stellvertretende Vorsitzende
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