Protokoll der 9. Arbeitstagung „West-Östlicher
Fachaustausch” am 27.09.2002 in den Räumen des Handels- und Wirtschaftsbüros der Botschaft der Russischen Föderation in Berlin | ||||||||||||||||||||
In der letzten Sitzung des Arbeitskreises war der Wunsch geäußert worden, ein umfassenderes Bild über die Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Tätigkeit in der Russischen Föderation zu erhalten. Das stilvolle Ambiente des Handels- und Wirtschaftsbüros der Botschaft der Russischen Föderation war ein schöner Rahmen für die Tagung. In den Referaten und Vorträgen wurde deutlich, daß sich neben den politischen auch die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Russischen Föderation sehr positiv entwickeln. Hierbei spielt die im Juni 2000 zwischen Bundeskanzler Schröder und Präsident Putin vereinbarte Arbeitsgruppe „Strategische Fragen der deutsch-russischen Kooperation im Wirtschafts- und Finanzbereich” eine besondere Rolle. Bei aller positiver Entwicklung muß doch den noch vielfach bestehenden Vorbehalten und Unsicherheiten auf Seiten deutscher Unternehmer Rechnung getragen werden, was wirtschaftliches Engagement und Investition in der Russischen Föderation angeht. Hierfür gibt es verschiedene Ursachen, z. B. mangelnde Kenntnisse der rechtlichen Grundlagen, bürokratische Hemmnisse sowie Angst vor Korruption und Kriminalität Dr. Gabriele Kötschau MdL, Vizepräsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtags und stellvertretende Vorsitzende des BDWO, koetschau@bdwo.de, betonte, Ziel der 9. Arbeitstagung sei es, ein sachliches Bild der tatsächlichen Situation, der Chancen, aber auch der Risiken für unternehmerische Tätigkeit in der Russischen Föderation aufzuzeigen und gleichzeitig interessierte Unternehmer zu wirtschaftlicher Kooperation in und mit Russland zu ermutigen. Hierzu wolle der BDWO seinen Beitrag leisten und seine vielfältigen Kontakte nutzen, Kooperationen auf allen Ebenen und allen Gebieten zwischen der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland zu fördern und zu vertiefen. Wladimir Matwejew, Gesandter der Botschaft der Russischen Föderation und Leiter des Handels- und Wirtschaftsbüros, zeigte sich zufrieden mit den Handelsbeziehungen zwischen Russland und Deutschland. Das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Russland betrage 24,8 Milliarden
Euro, davon Mehr als 14 % des Handels Russlands werde mit Deutschland betrieben, davon entfielen auf Gas 35 %, Erdöl 28 %, Buntmetalle 11 % und Düngemittel 5 %. Was die Investitionen angeht, so liege Deutschland mit 19 % Gesamtvolumen an erster Stelle (7,2 Mrd. Euro). Im Hinblick auf Direktinvestitionen sei Deutschland jedoch sehr zurückhaltend. Er drückte seine Hoffnung aus, daß mehr deutsche Unternehmen in Russland tätig würden. Russland habe den Wunsch, kurzfristig in die WTO (World Trade Organisation) einzutreten und sei bereits bei der G 8-Gruppe seit längerem aktiv. Seit 1999 habe die Russische Föderation an allen Veranstaltungen der G 8-Gruppe teilgenommen. Russland habe seit 1999 mehrere hundert Gesetze im Steuer- und Wirtschaftsbereich erlassen. Hervorzuheben seien vor allem die Änderungen im Steuerrecht unter Putin. Vor allem die Senkung der Einkommensteuer von 35 % auf 13 % habe zu einer Belebung des Marktes geführt; auch die Körperschafts- und die Mehrwertsteuer seien günstig. Deutschland sei der wichtigste Partner für Russland, schon durch langjährige gute Beziehungen und einen guten Umgang miteinander begründet, auch in schwierigen Situationen. Besonders hob Herr Matwejew die im Juni 2000 zwischen Bundeskanzler Schröder und Präsident Putin vereinbarte Arbeitsgruppe „Strategische Fragen der deutsch-russischen Kooperation im Wirtschafts- und Finanzbereich” hervor. Deutschland habe für Russland eine „Provider-Funktion”. Es blieben für sein Land noch viele Wünsche offen. So gehöre Russland in die Gruppe 5 des OECD-Länderratings (Risikofaktor) und hoffe, nach seinen Bemühungen in die Gruppe 4 aufgenommen zu werden und hoffe dabei auf deutsche Unterstützung. Dies sei auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von Bedeutung. Das Handels- und Wirtschaftsbüro unterstütze alle wirtschaftlichen Bemühungen und stehe für die Koordinierung und Kooperation mit deutschen Partnern zur Verfügung. Prof. Dr. Alexander Verschinin, stv. Leiter des Handels- und Wirtschaftsbüros, verschinin@rfhwb.de : Die UdSSR hatte 1953 in Ostberlin die Handelsvertretung gegründet. Anschließend entstanden Nebenstellen der Vertretung in Leipzig, Magdeburg und Rostock (1955). Nach dem Abkommen von 1958 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR über allgemeinen Fragen des Handels- und der Seeschiffahrt wurde diese Einrichtung auch in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet. Zuerst in Bad Honnef angesiedelt, zog sie später nach Köln um. Nach der Wiedervereinigung schließlich wurde Berlin als Sitz der Handelsvertretung bestimmt; mit dem Umzug 2000 wurde dies umgesetzt. Inzwischen hatte die Bundesregierung das oben genannte Abkommen gekündigt, das am 19. Dezember 2000 auslief. In der Anlage zu diesem Abkommen war jedoch die rechtliche Stellung der Handelsvertretung festgeschrieben. Aus diesem Grund wurden die Funktionen der Handelsvertretung in der Bundesrepublik Deutschland dem Handels- und Wirtschaftsbüro (HWB) als Bestandteil der Botschaft der Russischen Föderation übertragen. Die Umwandlung der Handelsvertretung wurde wie folgt begründet: Die politische und wirtschaftliche Umgestaltung Russlands hat seit 1991 zum Aufbau eines marktwirtschaftlichen Systems und insbesondere zu einer Liberalisierung des Außenhandels geführt. Daher entfiel die Aufgabe der Handelsvertretung, im Bereich der Abwicklung von Handelsgeschäften die Regierung zu vertreten. In zwei weiteren wichtigen Punkten kam es außerdem zu Änderungen: Fortan galt es, die Vertretung der Interessen der Russischen Föderation als Nachfolgestaat auf dem Gebiet des Außenhandels mit der Bundesrepublik Deutschland zu übernehmen und die Förderung der Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen beiden Staaten voranzutreiben. Das Handels- und Wirtschaftsbüro ist der Botschaft der RF sowie dem Ministerium für Wirtschaftsentwicklung und Handel der RF unterstellt. Das Wirtschaftsministerium hat unter den marktwirtschaftlichen Bedingungen nun die Aufgabe, die außenwirtschaftliche Tätigkeit zu koordinieren und gesetzeskonforme Rahmenrichtlinien festzulegen. Das Handels- und Wirtschaftsbüro pflegt auch die Kontakte mit den russischen regionalen Vertretungen in der Bundesrepublik (Baschkortostan, Novosibirsk, Orenburg, Saratov u. a.), sofern die Regionen der RF in Deutschland vertreten sind. Im Zusammenhang mit der Koordinierungs- und Reglementierungsfunktion des Ministeriums erstellen die Experten des Büros Wirtschaftsanalysen im Deutschland (von Wirtschaftsbilanzen, Gesetzen, Finanzen, Handel, Investitionen und Außenwirtschaft). Hinzu kommen eine Informationsfunktion und organisatorische und technische Aufgaben:
Was die Förderung der Entwicklung von Handelsbeziehungen zwischen den beiden Staaten angeht, so sieht es, insgesamt betrachtet, heute besser aus. Es werden nicht nur Handelsbeziehungen, sondern auch Finanz-, Investitions- und Kooperationstätigkeiten (sämtliche Bereiche der Wirtschaft) gepflegt. Desweiteren ist die Auskunfts-, Beratungs- und Organisationsdiensttätigkeit nicht nur vielfältiger geworden, sondern auch intensiviert worden. Dazu gehören in erster Linie allgemeine und spezielle Auskünfte über die Wirtschaft bzw. Außenwirtschaft: über Ein- und Ausfuhrverfahren von Waren und Dienstleistungen und über Steuer-, Zoll- und Rechtsbestimmungen (mehr als 1.000 Anfragen pro Jahr). Mit dutzenden von Zugriffen auch die Website des HWB und Anfragen per E-Mail verlagert sich ihre „neue ökonomische” Tätigkeit zunehmend ins Internet. Bei wichtigen und konkreten Problemen oder innovativen Vorhaben wird vom Handels- und Wirtschaftsbüro das Monitoring der Projekte vorgenommen, Rechtsberatung gewährt und der direkte Kontakt zur ministeriellen Ebene hergestellt. Das HWB ist eine kompakt strukturierte Einrichtung. Deswegen ist es wichtig, in enger Zusammenarbeit und Kooperation mit russischen und deutschen Stellen zu arbeiten. So werden die wirtschaftspolitischen Fragen mit der zuständigen Abteilung der Botschaft der RF erörtert und die Handels- und Investitionsfragen mit der Agentur zur Förderung von Handel und Investitionen in Moskau abgesprochen. Ebenso entscheidend ist jedoch auch die Stärkung der Zusammenarbeit mit den Einrichtungen im Deutschland vor Ort. Dr. Peter Presber, Leiter des Referats SOE, GUS, Türkei im Deutschen Industrie- und Handelskammertag, presber.peter@berlin.dihk.de, zeichnete ein positives Bild der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen:
Auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die stärker noch als die großen Unternehmen auf verlässliche Rahmenbedingungen, Stabilität und Transparenz angewiesen sind, werden die Geschäftsmöglichkeiten immer besser. Zu den Aufgaben der IHK-Organisation führte er aus: Es gibt 82 regionale Industrie- und Handelskammern (IHKs) in allen Regionen
(Pflichtmitgliedschaft). Sie haben in den letzten Jahren das Leistungsangebot
für ihre Mitglieder erheblich entwickelt. Ein für die Unternehmen
besonders interessanter Bereich ist die Außenwirtschaft. Hier verfügen
die IHKs über ein umfangreiches Beratungsangebot für interessierte
Firmen. Dazu kommt das Netz der bilateralen deutschen Auslandshandelskammern
und der Delegationen der Deutschen Wirtschaft, die Beratung und Leistungen
für Unternehmen vor Ort anbieten und zusammen mit den IHKs auch gemeinsame
Veranstaltungen in Deutschland durchführen, wie z. B. die Internationalen
Beratungstage bei der IHK Augsburg (17. 10. 2002) und bei der IHK Magdeburg
(23. 10. 2002). Auf Grund des großen Interesses sind viele Veranstaltungen
ausschließlich den Geschäftsmöglichkeiten mit Russland
gewidmet. Wichtig für den Erfolg im Russlandgeschäft ist es
für alle Unternehmen, große wie kleine, dass sie sich insbesondere
in der Anfangsphase durch kompetente Fachleute beraten lassen, wie sie
in der Delegation und auch im Verband der Deutschen Wirtschaft in der
Russischen Föderation tätig sind. Verband und Delegation arbeiten
eng mit anderen deutschen Wirtschafts- bzw. wirtschaftsnahen Organisationen
zusammen, darunter auch mit den politischen Stiftungen. Bspw. haben der
Verband der Deutschen Wirtschaft und die Friedrich-Ebert-Stiftung Ende
1999 gemeinsam eine Studie über das Sicherheitsempfinden der deutschen
Geschäftsleute in Moskau „Wie sicher lebt und arbeitet man in
Moskau?” erarbeiten lassen, zu finden im Internet unter
www.vdw.ru/home_vdw.nsf/pages/start_publik
oder www.fes.de.
Wolfgang Stopper, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Referat Russland und GUS (stopper@bmwi.bund.de) bewertete Stand und Entwicklung der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen ebenfalls als positiv, hinsichtlich der gesetzgeberischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Praktische Probleme gebe es vor allem noch in den Bereichen Zoll und Zertifizierungen. Seit der Regierungsübernahme von Präsident Putin im Jahr 2000 in einer sehr schwierigen Situation habe sich folgendes positiv entwickelt in der Russischen Föderation:
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Deutsche Investitionen in Russland
aber:
In der anschließenden Diskussion verlas Herr Günther Stiller ein Schreiben des Herrn Joachim Ronimi, der viele Jahre lang den Osteuropabereich der Firma Fresenius in Bad Homburg aufgebaut und geleitet hat: Herr Ronimi gab einige Anregungen und Vorschläge aus seinen beruflichen Erfahrungen in Russland: Generell bestünden für die Gründung und Führung von Handelsfirmen und Produktionsbetrieben keine Einschränkungen, die man nicht auch bei uns oder in anderen Ländern findet. Dennoch gebe es seit Jahren erhebliche Unsicherheiten, die m. E. Investitionen größeren Ausmaßes verhindern, da die Risiken für Betriebe aufgrund fehlender eindeutiger Ausfuhrrichtlinien zu den einzelnen Gesetzen entweder fehlten oder bei den zuständigen Behörden nicht bekannt seien. Beispiel: In den Steuer-Inspektionsbüros sei das Personal in der Regel schlecht ausgebildet und könne bei schwierigen und zweifelhaften Fragen nicht weiterhelfen, durchaus aber nach Gutdünken Steuererklärungen verwerfen und sofort mit unter Umständen drastischen Sanktionen belegen. Eine vergleichbare Situation finde man bei den Zollbehörden vor. Grundsätzlich würden neue Gesetze und Verordnungen mit beinahe sofortiger Wirkung erlassen, so daß ein Unternehmen sich nicht rechtzeitig darauf einstellen könne. Nichtbefolgung führe allerdings sofort zu Sanktionen, manchmal in nicht vertretbarer Höhe. Generell bestehe eine totale Rechtsunsicherheit im Umgang mit Behörden und öffentlichen Einrichtungen, so daß der Erfolg von Eingaben, Protesten etc. immer sehr zweifelhaft sei und in der Praxis fast immer unterlassen werde. Man versuche statt dessen ständig, sich mit seinem jeweiligen Gegenüber gütlich zu einigen. Aber auch eine erfolgte Einigung könne bei einem späteren Personalwechsel innerhalb der jeweiligen Behörde jederzeit widerrufen werden. Dies führe zu der landesweit üblichen und im Stillen auch geduldeten Korruption, die zumindest für das operative Geschäft schon ein fester Kalkulationsfaktor geworden sei und ein Unternehmen zumindest für den reibungslosen Ablauf des Tagesgeschäfts absichere. Wer behauptet, nicht zahlen zu können, weil die Preisgestaltung dies nicht hergibt, stoße auf absolutes Unverständnis oder gelte als unglaubwürdig. Ein weiterer erheblicher Risikofaktor sei die Instabilität zahlreicher Banken, vor der auch große Institute nicht gefeit seien. Ein Frühwarnsystem existiere nicht, und nirgendwo könne man sich über die Bonität einer Bank verläßlich informieren. Bankzusammenbrüche erfolgten über Nacht, oft auch aufgrund unseriöser Geschäftspraktiken oder gar krimineller Machenschaften. So könne ein Unternehmen sehr schnell erhebliche Guthaben verlieren. Beispiel: Einer oder mehrere Kunden haben erfolgte Lieferungen bezahlt, aber das Geld ist weg. Oder einer oder mehrere Kunden haben nachweislich Vorauszahlungen auf eine solche Bank geleistet. Dann ist das Geld ebenfalls weg, die Warenlieferungen müssen dennoch erfolgen. Ihre russischen Partner werden die meisten meiner vorstehenden Anmerkungen vermutlich in Abrede stellen. Es sind trotzdem Erlebnisse aus der Praxis. Sie werden auch nicht viel daran ändern können oder wollen, mit Sicherheit nicht kurzfristig. Dennoch lohnt sich immer wieder eine Diskussion. Sie wissen, für Russland braucht man viel Geduld und einen langen Atem. Generell muß das Land noch einen Lernprozeß machen und wir
müssen russisch denken und Kultur verstehen lernen. Hierzu bedarf
es eines viel intensiveren beiderseitigen Austausches sowohl junger als
auch erfahrener Mitarbeiter in Unternehmen beider Länder. Trainee-Programme
und Betriebspraktika wären sicher hierbei hilfreich. Sie müßten
nicht nur von deutschen Firmen für Russen, sondern auch von russischen
Unternehmen für Deutsche angeboten werden. Man sollte gemeinsam überlegen,
wie man dies stärker stimulieren kann. Das gegenseitige Verständnis
für Arbeitsbedingungen und -möglichkeiten kann vielleicht eines
Tages ein Umdenken in russischen Behörden bewirken. In der Diskussion ging Herr Bernhard Krämer, Zentrale Arbeitsvermittlungsstelle (ZAV) aus Bonn (Bernhard.Kraemer@arbeitsamt.de), auf verschiedene Abkommen ein, die Deutschland unter anderem mit Russland abgeschlossen habe. So seien in 2002 bisher über 800 russische Studenten nach Deutschland vermittelt worden (420 studentische Fachpraktikanten und 390 Studenten in eine Ferienbeschäftigung). Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung könnten bei entsprechender staatlicher Entsendung am Regierungspraktikantenprogramm teilnehmen. Weiterhin gebe es das Gastarbeitnehmerverfahren zur beruflichen und sprachlichen Fortbildung von Fach- und Führungskräften. Russland verfüge hier über ein Kontingent von 2000 Plätzen pro Jahr, das bei weitem nicht ausgeschöpft würde. Etwa 250 Vermittlungen seien durchgeführt worden. Es erfolge stets eine Einzelvermittlung, die über die ZAV durchgeführt werde. Die Tatsache, daß das Kontingent in allen Ländern nicht ausgeschöpft werde, liege sicherlich auch daran, daß das Verfahren nicht bekannt genug sei. Das aktuelle Merkblatt mit Stand Januar 2002 kann bei der ZAV angefordert werden unter der Kontaktadresse per E-mail: BONN-ZAV.osteuropa@arbeitsamt.de Partner der ZAV in Russland sei der Dr. Martin Hoffmann, Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, m.hoffmann@bdi-online.de: Dr. Hoffmann stellte den Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft als Interessenvertretung der deutschen Wirtschaft vor, der durch 8 Trägerverbände getragen werde und Fragen des Engagements in Osteuropa behandle. Der Ost-Ausschuss arbeite eng mit dem Bundeswirtschaftsministerium zusammen. Er gibt die Zeitschrift „Ost-Ausschuss Informationen” heraus, für Osteuropa-Fachleute in den Unternehmen. Kürzlich habe der Ost-Ausschuss mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) die Initiative „Go East” (www.daad.de) gestartet, die Studierende und junge Wissenschaftler für Studienaufenthalte und Praktika in gewinnen soll. Es gebe eine große Nachfrage nach Spezialisten (Studierende und Jungakademiker) aus Deutschland. Die bestehende Disbalance des Ost-West-Austausches biete viele Möglichkeiten für junge Spezialisten, die genutzt werden sollten. Er verwies ferner auf den Russland-Fonds der Deutschen Wirtschaft. Rechtsanwältin Karin Holloch, Praxis Gleiss, Lutz und Partner, Berlin karin.holloch@gleisslutz.com hielt einen Vortrag über „Rechtliche Rahmenbedingungen für Investoren in der Russischen Föderation”: In der Beratung deutscher Investoren auf ihrem Weg nach Russland möchte man diesen manchmal zurufen „Fürchtet Euch nicht!”. Die Skepsis insbesondere des deutschen Mittelstandes gegenüber Investitionen in der Russischen Föderation ist nach wie vor groß. Dabei sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für ausländische Investitionen durchaus positiv zu beurteilen. 1. Auslandsinvestitionsgesetz Daneben gilt der Vertrag über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion von 1989 fort. Sein Anwendungsbereich ist jedoch durch das Auslandsinvestitionsschutzgesetz sehr beschränkt worden. 2. Juristische Personen Das Mindeststammkapital für eine GmbH oder geschlossene Aktiengesellschaft
beträgt 10.000 Rubel (umgerechnet ca. 312 Euro). Repräsentanzen ausländischer Firmen haben dagegen an Bedeutung verloren. 3. Immobilienrecht Ausländer können grundsätzlich Eigentum an Grundstücken erwerben. Hiervon ausgenommen sind Grenzregionen und spezielle, von dem Präsidenten der Russischen Föderation zu definierende Gebiete. Bislang liegt eine solche Negativliste noch nicht vor. Außerdem sind von dem Eigentumserwerb Liegenschaften landwirtschaftlicher Zweckbestimmung ausgenommen. In der Praxis sieht Russland sich vor der enormen Aufgabe, ein einheitliches Grundbuch aufzubauen und sämtliche Grundstücke sowie die Rechte an ihnen zu erfassen. Es gibt weitere Umsetzungsprobleme etwa in der Registrierungspraxis, die zum Teil auf die Unerfahrenheit der Beamten zurückzuführen sind. Nicht in jeder Region wird die Einführung von Privateigentum begrüßt. So steht insbesondere Moskau der Privatisierung von Grund und Boden sehr skeptisch gegenüber. Allerdings ist auch in der Stadt Moskau ein Gesetz in Vorbereitung, wonach Immobilieneigentum vorgesehen wird. Eine wesentliche Aufgabe der neuen Gesetze ist es auch, dass bisher getrennte Eigentum an Gebäuden und Grundstücken zusammen zu führen. 4. Devisenrecht Der Zwangsumtausch von Deviseneinnahmen in der Russischen Föderation wurde zum 1. Januar 2002 von 75 % auf 50 % gesenkt. Ab dem 1. Januar 2003 soll der Zwangsumtausch auf 25 % reduziert werden und möglicherweise ab 2004 ganz abgeschafft werden. Problematisch ist auch die Genehmigungspflicht von Devisenausfuhren durch die Zentralbank. Längere Zahlungsaufschübe bei Außenhandelsgeschäften fallen ebenfalls unter diese Genehmigungspflicht. Daher ist im Export Vorkasse oder Zahlungsziele von bis zu 90 Tagen gängige Praxis. 5. Steuern Ebenfalls ist eine Tendenz zur Stärkung der Rechte des Steuerzahlers zu erkennen. So können die Steuerbehörden nicht mehr unmittelbar aus dem Steuerbescheid vollstrecken. Die Zahl der Steuerstreitigkeiten vor Gericht ist seitdem erheblich angestiegen. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen. 6. Zoll 7. Rechtspflege Neben den internationalen Schiedsgerichten genießt auch das Moskauer Internationale Handelsschiedsgericht bei der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation einen guten Ruf. 8. Fazit Dr. Sergej M. Nikitin, Leiter der Repräsentanz der Handels- und Industriekammer
der Russischen Föderation www.russia.de,
e-mail: hik@russia.de. HIK RF - die Spitzenorganisation der Handels- und Industriekammern -
ist eine öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungskörperschaft.
Sie vereinigt Kammern, Unternehmen und deren Verbände und Vereinigungen,
unterstützt die Entwicklung von Marktstrukturen, vertritt die Interessen
ihrer Mitglieder, bietet Dienstleistungen in den Bereichen Marketing,
Patentwesen, Werbung, Expertise, Messen, Kongresse, Präsentationen
usw. an. Kammern arbeiten in Russland flächendeckend; eine Mitgliedschaft
sei nicht obligatorisch (etwa 20.000 Mitglieder). Probleme machten nach wie vor Visafragen, vor allem für Geschäftsleute bei akuten Verhandlungen. Es dauere zu lange und sei sehr teuer. Neu (seit 2002) sei eine Autounfall-Versicherung in Russland, die es bisher nicht gegeben habe. In der weiteren Diskussion wurde die gute Beratung durch die Repräsentanz hervorgehoben. Positiv zu vermerken ist die gute Kooperation zwischen Repräsentanz, Kammern und Interessenvertretern deutscher und russischer Unternehmen. Viele Möglichkeiten der deutsch-russischen Kooperation im Wirtschaftsbereich seien noch nicht genutzt, vieles noch nicht erschlossen. Probleme machten nach wie vor Visafragen, vor allem für Geschäftsleute bei akuten Verhandlungen. Die Visaerteilung dauere zu lange und sei sehr teuer. Neu (seit 2002) sei eine Autounfall-Versicherung in Russland, die es bisher nicht gegeben habe. Abschließend berichtete Sergei Girach, Botschaft der Republik Belarus Abschließend bat Herr Girach darum, die Republik Belarus in das Gastarbeitnehmerabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland einzubeziehen, das heute noch, wie die Ukraine und Moldawien, ausgeschlossen ist. Dr. Gabriele Kötschau |